Seit März ist Markus Söder nun Ministerpräsident. Die Monate vor seiner Nominierung bis zur Wahl verliefen unaufgeregt in der der CSU und aufrichtig attestieren ihm viele - auch kritische Stimmen -, dass er definitiv das Zeug zum Ministerpräsidenten in Bayern hat - schließlich nicht irgendein Bundesland, sondern eben der Freistaat. Präsidal und öffentlichkeitswirksam tritt Markus Söder auf, durchaus selbstbewusst und deutlich, jedoch eben auch als kompromissbereiter Kümmerer, wie man sich das von einem bayerischen Ministerpräsident vorstellt und wünscht.
Auch das kommt nicht nur bei eingefleischten CSU´lerInnen an, sondern auch wiederum bei vielen, die sich nicht sicher sind, wo sie ihr Kreuz bei der Landtagswahl machen werden. Dass die CSU und Markus Söder niemals große Beliebtheitswerte links der Mitte erreichen werden und dass seine erste Regierungserklärung von der Opposition kritisiert wird, ist nicht überraschend. Dass Markus Söder aber wiederum in der Lage ist, mit seinem Programm der großen Mitte und damit der Mehrheit der Menschen in unserem Freistaat gerecht zu werden, und dass er mit Geschick diese Mehrheit erreichen kann, davon zeugen die ersten Umfrageergebnisse im März und April. So viel vorab.
Als wenig geschickt, vielleicht gar unnötig an sich, muss man jedoch zunächst die Kreuz-Verordnung für bayerische Landesbehörden bezeichnen. Dabei geht es weniger um das "Was". Denn christliche Werte gehören zur Grundlage unseres Staates dazu. Es geht vielmehr um das "Wie", also um den Kontext und die Haltung mit diesem Bekenntnis, nicht zuletzt aber auch um Kommunikation und Diskussionsstil - auch in anderen Fragestellungen.
Weite Teile der Republik beschäftigten sich nun seit Wochen mit dem so genannten „Kreuz-Erlass“ von Ministerpräsident Markus Söder und arbeiten sich daran ab. Doch wer schon einmal Amtsstuben, Klassenzimmer oder auch Gerichtssäle in Bayern von Innen gesehen hat, der weiß: Dieser Erlass taugt eher zum ein oder anderen „Lückenschließen“ denn zum handfesten politischen Skandal. Schließlich war das Kreuz in besagten Räumlichkeiten schon zuvor beinahe allgegenwärtig. Dass es nun erneut von oben verordnet und damit instrumentalisiert wurde, wurde vom Münchner Kardinal Marx und anderen Kirchenvertretern dennoch zu Recht auch in entgegen verschiedener "Kreuz-Fürsprecher" aus den Reihen der CSU und CDU kritisiert. Denn auch wenn mit 56% die Mehrheit der Bayerinnen und Bayern (Quelle: Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap) das Kreuz in bayerischen Amtsstuben befürworten, was man durchaus als Zustimmung zu diesem kontroversen Erlass werten kann: Das Tragen von christlicher Symbolik sollte zunächst Ausdruck des individuellen und im besten Fall lebendigen Glaubens sein. Alles andere läuft Gefahr, letztlich oberflächliche Selbstvergewisserung ohne spirituelle Tiefe zu sein.
Doch Kreuz und dessen Verordnung hin oder her: Man muss sich schon fragen, womit eine letztlich kleine und auf ein Bundesland beschränkte Maßnahme mit Religionsbezug eine so große und bundesweiteine Debatte verdient hat? Und die wahrscheinlichste Antwort darauf lautet, dass sich hier eine noch größere Debatte ein Ventil sucht, die sich schlicht (noch) kaum einer zu führen traut: Wie soll sich der Staat in Zukunft gegenüber dem Christentum verhalten? Und wie steht es denn wirklich um die (christlichen) Grundwerte in Staat, Politik und Gesellschaft?
Von daher ist der "Kreuz-Erlass" vielleicht doch gar nicht so "unnötig", auch wenn dieser sehr unglücklich kommunziert wurde und ausgeführt wird. Er bietet Denkanstöße für solche Fragen und eine wichtige Debatte in der CSU und darüber hinaus und sollte nicht zu viel künstliche Aufregung in politischen Kreisen auslösen, denen es gar nicht um eine solche inhaltliche, differenzierte Dabatte geht.
Diese Fragen mögen nun Markus Söder und die CSU ernsthaft in den Blick nehmen. Denn nicht nur mit Geschick, sondern auch mit Autentizität und Glaubwürdigkeit in der Sache gewinnt man das Kreuz der Bürgerinnen und Bürger bei der Landtagswahl und damit deren Vertrauen.
Felix & Lukas Götz