Eine richtige Wahl im doppelten Sinn - zur Nominierung für den Bundestag

Kontrovers ging es in den letzten Monaten bei der CSU in Stadt und Landkreis zu. Grund war die Frage nach der Nachfolge für Paul Lehrieder, der den Wahlkreis seit 2005 in Berlin vertrat, sich aber nächstes Jahr nicht mehr zu Wahl stellt. Bei aller Aufregung wird leider aber übersehen, dass hier eine richtige, basisdemokratische Wahl und kein scheinbar "abgekartetes" Spiel stattfand. Das Gegenteil ist doch der Fall, wenn mehrere interne Bewerberinnen und Bewerber einer Partei für eine Kandidatenkür zur Verfügung stehen, die sich - wie hier geschehen - auf Regionalkonferenzen allen vorstellen und zum Abschluss zur Wahl stellen. Das Wörtchen "abgekartet" möchte ich daher auch ganz schnell wieder zurücknehmen. Denn es ist als Stärke einer Partei im Sinne von Geschlossenheit anzusehen, wenn sich man sich intern auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten einigt. Eine Kandidatennominierung bedeutet zudem noch lange keinen Freifahrtschein nach Berlin in den Bundestag - auch nicht bei der CSU, gerade im Hinblick auf die Wahlrechtsreform, wonach möglicher Weise nicht mehr jeder Erststimmenkönig automatisch in den Bundestag einzieht, sondern eben nur noch die Wahlkreissieger mit den besten Erststimmenergebnissen im Proporz zur Zweitstimme. Ganz schön kompliziert, daher zurück zum Ausgangsthema der Nominierung.
Beide Kreisverbände - Stadt Würzburg und Landkreis - hatten nun für die Nachfolgenominierung für Paul Lehrieder eine eigene Person ins Rennen geschickt, was vollkommen legitim ist, aber zunächst beiderseitig zu gewissen Irritationen führte. Die Stadt berief sich auf eine alte, aber eben nur mündliche Abmachung, dass sie dieses Mal das Vorschlagsrecht hätte. Denn Paul Lehrieder war ja der Vorschlag des Landkreises damals gewesen. Der Landkreis wiederum fühlte sich nachvollziehbarer Weise überrumpelt, reagierte jedoch etwas unwirsch seinerseits im Selbstverständnis des Stärkeren mit einem eigenen Kandidatenvorschlag. Um es kurz zu halten: Die Beziehung zwischen Stadt und Land war etwas strapaziert. Man hatte glatt den Eindruck gewinnen können, dass da zwei unterschiedliche Parteien sich öffentlich um ein Mandat beharken. Man hätte lieber miteinander vorab reden sollen und sich über Kandidatenvorschläge und ein Verfahren austauschen sollen. Ich spreche bewusst im Plural von Kandidatenvorschlägen. Denn es ist ein Zeichen von Basisdemokratie in einer Volkspartei, wenn den Delegierten nicht nur ein Kandidat vorgeschlagen wird, der dann von diesen nur noch abgenickt werden soll. Leider wurde die ganze Debatte um die Kandidatenkür vom Hin und Her überschattet. Der basisdemokratische Gedanke, der zurecht beschworen wurde, kam zu kurz, ebenso, dass hier eine richtige innerparteiliche Wahl stattfand. Verantwortlich dafür war gewiss das unglückliche Agieren beider Kreisvorstände, allerdings natürlich auch die Berichterstattung der Presse, für welche die innerparteilichen Animositäten bis zuletzt ein gefundenes Fressen waren. Zugegeben, es wurden da einige kommunikative Fehler beider Kreisvorstände gemacht. Aber das grundsätzliche Verfahren, auf das man sich dann geeinigt hatte, dass sich die beiden Wahlvorschläge den Mitgliedern, Delegierten und anderen Interessierten in Regionalkonferenzen vorstellen, kann man als äußerst transparent und offen würdigen.
Etwas zu kurz kamen dabei zu Beginn der Kandidatenkür auch die beiden Personalvorschläge, über die auch dieser Text noch gar nichts gesagt hat:
Auf der einen Seite Hülya Düber von der Stadt und auf der anderen Marc Zenner vom Landkreis - beide für sich fachlich sehr geeignet, beide vielseitig politisch erfahren, beide mit guten Auftritten bei den Regionalkonferenzen, beide jedoch eher unterschiedlich in Persönlichkeit und politischer Ausrichtung in der CSU, aber damit eine echte Auswahl. Man konnte und kann sehr viel über beide nachlesen, daher hier nichts weiter.
Angesichts der Verteilung der Delegiertenstimmen - 1/3 Stadt, 2/3 Landkreis - schien allerdings das Ergebnis der "Kampfabstimmung" im Vorfeld klar. Umso überraschender war dann aber, dass Hülja Düber wohl über 30 Personen aus der Gruppe der Landkreisdelegierten von sich überzeugen konnte. Anderseits bedeutet das Ergebnis gerade, dass alle Delegierten von ihrem freien Wahlrecht Gebrauch machten. Entschieden wurde also nicht nach "Herkunft" - Stadt vs. Landkreis -, sondern nach persönlichem Eindruck, wer die geeignetere Person für die nächste Bundestagswahl ist - wer mehrheitsfähiger nicht nur in der CSU, sondern bei den Bürgerinnen und Bürgern ist, wer besser und breiter aufgestellt die bestimmenden Themen der Politik und natürlich auch die Menschen im Wahlkreis vertreten kann, wer in diesen Tagen einer mehr und mehr zerrissenen Gesellschaft Gräben zwischen den Menschen schließen kann. Bevor es noch pathetischer wird, kommen wir zum Ende.
Hülja Düber scheint die richtige(re) Wahl für diese herausfordernden Aufgaben zu sein. In diesem Sinne war das Ganze eine richtige Wahl im doppelten Sinne - basisdemokratisch in einer Volkspartei und persönlich für die Menschen in Stadt und Landkreis. Nun geht es darum, dass auch die CSU in Stadt und Landkreis schnell wieder zueinander finden, um gemeinsam einen herausfordernden Wahlkampf zu meistern und am Ende für sich zu entscheiden. Denn noch wichtiger wie die Erststimme ist die Zweitstimme für die CSU geworden. Zum Zusammenfinden gehört unbedingt auch ein anerkennendes Wort für den unterlegenen Marc Zenner, der sich wie Hülya Düber sehr fair im internen Ringen verhalten hat und sich mit einem kurzen sympathischen Statement laut Main Post aus dem Bewerberrennen verabschiedet hat: "Des ist halt so."

Lukas Götz