Herausforderungen für den Bundestag

Herausforderungen kommen auf den neuen Bundestag zu – von der Frage, wie die AfD dort auftreten wird und wie ihr die anderen Fraktionen begegnen sollen, über die Rollenfindung der SPD - wohl in der Opposition -, hin zur Bildung einer neuen verlässlichen Regierungskoalition unter Angela Merkel.

Viel Aufregung und Taktieren wird im Spiel sein, hoffentlich aber schon bald eine klare, offene, verbindliche Haltung im Bundestag. Das gilt für alle drei der aufgeworfenen Fragen.

Zum Ersten: Eine klare Abgrenzung von den AfD-Vertretern und deren Statements ist gefragt: kein Versuch, sich mit markigen Worten dem verworrenen Gedankengut in der AfD anzunähern. Aber ebenso braucht es eine aktive inhaltliche Auseinandersetzung und Diskussion gegenüber der AfD. Mit Sachlichkeit und Argumenten wird man dieser am Besten und am Schnellsten beikommen. Denn außer mit Provokation und Ignoranz hat sie sich bisher nicht ausgezeichnet. Wenn man nun die rechte Seite schließen möchte, wie gesagt wird, dann darf das nicht heißen, die AfD rechts überholen zu wollen, sondern die Menschen wieder dort abzuholen, wo sie mit ihren Anliegen und Sorgen stehen. Offensichtlich war es die fehlende Nähe und das Hin und her und damit der Protest, was viele Enttäuschte zur AfD getrieben hat, weniger die Überzeugung vom Wahlprogramm der AfD.

Zum Zweiten: Die SPD hat sich schnell in die Rolle der Opposition verabschiedet und bereits am Wahltag entsprechend umgeschaltet. Gewiss, dass ist der richtige Ort zur Selbstregeneration einerseits, anderseits eine zentrale Position im neuen Parlament, in der die SPD hoffentlich rasch ihrer selbstproklamierten Führungsrolle gerecht werden kann. Allzu lange sollte sie und ihr Führungspersonal nicht Scherbengericht abhalten und Uneinigkeit demonstrieren. Das würde auch wohl ein schnelles Ende des Parteivorsitzes von Martin Schulz bedeuten müssen, dem es (leider) nicht gelungen ist, sich für das Amt des Oppositionsführers zu qualifizieren. Wer dann am Besten geeignet ist, die Genossen zusammenzuführen und neu zu erfinden, müssen diese selbst entscheiden.

Zum Dritten: Die Karibikinsel Jamaika ist geographisch weit von Deutschland entfernt, als politische Farbkombination der gleichnamigen Koalitionsvariante aus CDU, CSU, FDP und Grünen jedoch nun schon ein paar Jahre ins Bewusstsein gerückt. Bereits in den letzten Wochen war absehbar, dass eine solche Koalition wohl als einzige tragfähige Kombination möglich sein würde, wollte man nicht die bestehende (nun nicht mehr große) Koalition weiterführen. Das Ergebnis der Union ist enttäuschend, im Besonderen das der CSU, wo alle Verantwortlichen nun analysieren und entsprechende Optionen offen abwägen woll(t)en – hoffentlich nicht mit einem „Weiter so!“ an der Spitze. Das Ergebnis der Unionsparteien ist trotzdem mit großem Abstand das Beste, das eine Partei bei dieser Bundestagswahl erzielt hat, und damit doch der Auftrag, auch weiterhin die Regierung zu führen. Schwarz-Gelb-Grün sind zunächst sehr konträre Farben, aber politisch nicht so weit auseinander, wie Deutschland und Jamaika. Rote – oder vielleicht besser – schwarze, gelbe oder grüne Linien darf es nicht vorab bei den geplanten Koalitionsgesprächen geben, vielleicht eher gestrichelte Linien, um dem jeweiligen Gegenüber zu signalisieren, wo es Schwierigkeiten geben könnte und wo eben genau verhandelt werden muss. Vielmehr erscheint nach vier Jahren großer Koalition Jamaika eine neue Option und Chance für Deutschland, wenn das Beste aus allen Dreien bzw. Vieren zusammenkommt – inhaltlich wie personell: vor allem Sicherheit und Verlässlichkeit für Deutschland und Europa, den Anliegen schlechthin der Menschen in Deutschland, für welche CDU und CSU mit Angela Merkel an der Spitze sowie mit Joachim Herrmann als starkem Partner aus und für Bayern stehen. Aber ebenso der Blick auf unsere wirtschaftliche Zukunft und unsere Umwelt ist wichtig, für welche einmal FDP, einmal die Grünen als konstruktive Partner stehen könnten.

Vielleicht ist das alles etwas zu naiv, zu einfach und zu kuschelig gedacht, oder zu optimistisch. Aber sollten sich die genannten potentiellen Regierungspartner zu sehr von Parteitaktik und Missmut vorab treiben lassen, bevor die Verhandlungen überhaupt beginnen?

Lukas Götz